Bestensee im Blick
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11.10.25:
650 Jahre Bestenseer Kirche - Festveranstaltung
Die evangelische Kirchengemeinde lud heute zum 650. Geburtstag ihrer
Kirche ein. Pfarrer Franziskus Jaumann begrüßte die Gäste mit einem
Glas Sekt oder Saft, wünschte einen schönen Abend und lud zu einer
Besichtigung ins Innere der geschmückten und effektvoll beleuchteten
Kirche ein. Mitglieder des Fotoclubs stellten Fotografien aus der Kirche aus. Vor
der Kirche erklangen Melodien des ev. Posaunenchors, und der Bestenseer
gemischte Chor und Männergesangverein unter Leitung von Matthias
Deblitz erfreuten die Besucher.
Die Geschichte unserer Dorfkirche ist sehr gut in Archiven und
durch Aufzeichnungen und Überlieferungen alter Bestenseer Einwohner
sehr gut dokumentiert.
Das älteste Gebäude in Bestensee ist unsere alte Feldsteinkirche am
nordwestlichen Rand der Dorfaue. Wann sie erbaut wurde, lässt sich
nicht mit Sicherheit angeben, aber die Jahreszahl 1375 auf der
Wetterfahne zeigt die erste urkundliche Erwähnung. Da unsere Ortsteile
Groß und Klein Besten und die Dorfkirche im Landbuch Kaiser Karls IV.
von 1375 erstmals erwähnt wurden, war dies für den damaligen Pfarrer
Ernst Borchert der Anlass, diese Jahreszahl in den 1950er Jahren in die
Wetterfahne schreiben zu lassen. Es kann aber durchaus sein, dass die
Kirche 100 Jahre älter ist.
Im Landbuch Kaiser Karl IV. aus dem Jahre 1375 ist ausgeführt, dass die
Kirche in Groß Bestewyn mit zwei Ackerhufen (altes Flächenmaß)
ausgestattet wurde. Auch hatte das Dorf ein eigenes Pfarrhaus mit einem
eigenen Pfarrer, dem ebenfalls zwei Ackerhufe zur Verfügung standen.
Als die ersten deutschen Siedler um das Jahr 1300 in unsere Gegend
kamen, erbauten sie im Zuge der zahlreichen Siedlungsgründungen auch
das Dorf Groß Bestewyn, wahrscheinlich gleich mit der Kirche. Da ihnen
die Erfahrung zum Bau solcher Gebäude fehlte, ließen sie die Kirche
vermutlich von Zisterziensern errichten.
Grundmaterial waren Findlinge, die durch die Eiszeit in unserer Gegend
reichlich vorhanden waren. Der Name Steinberg zeugt noch heute davon,
und unsere Bauern „können ein Lied davon singen“, wie schwierig der
Ackerbau auf den Feldern in den vergangenen Jahrhunderten war. Sei es
die 6 - 9 m hohe Mittenwalder Stadtmauer oder die zahlreichen Straßen
und Gebäude, fast alles wurde aus diesen gesammelten Findlingen gebaut.
Selbst für den Aufbau von Berlin erließ 1763 König Friedrich der Große
ein Edikt, nach dem jeder Bauer, der in die Stadt fuhr, auf seinem
Wagen zwei kindskopfgroße Steine mitbringen und vor den Toren der Stadt
abladen musste.
Errichtet wurde unsere Kirche als Wehrkirche ohne Turm, die in
kriegerischen Zeiten der Dorfbevölkerung als Zufluchts- und
Verteidigungsstätte dienen sollte. Der auch für Groß Besten zuständige
Prediger Pascharius Marggraf aus Schenkendorf schrieb 1713 über den
früheren Zustand der Kirche, dass die Fenster nicht größer als
Schießscharten waren und so wenig Licht in das Innere der Kirche
ließen, dass die Besucher selbst an hellen Tagen weder einen
Bibelspruch noch ein Lied aufschlagen und mitlesen konnten. Freiherr
von Löben ließ 1702 die Kirche umgestalten, reparieren, und erweiterte
insbesondere die kleinen Fenster zur heutigen Größe.
Weiter schrieb Pascharius über das Innere der Kirche: "Es befand sich
drin ein großer steinerner Altar, auf dem mehrere hölzerne Bilder aus
dem Papsttum standen, welche man auf den Kirchenboden transportieret.
Als der große Altar abgebrochen wurde, fand sich in der Mitte ein mit
Fleiß vermauertes dickes Glas, darin eine fette ölige Materie, so aber
meistens am Boden des Glases angetrocknet. Es blieb hernach noch
etliche Jahre in der Kirche stehen, ist aber endlich weggenommen
worden."
Bis zur Reformation war diese Pfarrstelle katholisch und unterstand dem Bistum Meißen.
Im Jahre 1883/84 wurde die südliche Empore bis zur Altarwand
durchgezogen und am Westgiebel die Kirche mit einem ca. 5 m langen
Anbau versehen, auf den der kleine Holzturm gesetzt wurde. Durch die
Verwendung von Backsteinen hebt sich dieser Anbau deutlich vom alten
Feldsteinbau ab. Am neuen Westgiebel erhielt die Kirche einen zweiten
Eingang.
Im August 1900 schenkte die Gemeinde der Kirche eine Orgel, die noch heute nach einer Erneuerung ihren Dienst tut.
Durch die stark anwachsenden Einwohnerzahlen, besonders von Groß
Besten, wurde der Friedhof an der Kirche 1893 geschlossen und durch den
neuen am Ortsausgang nach Mittenwalde abgelöst.
Ein dramatisches Ereignis spielte sich 1905 in der Kirche ab, von dem sogar die Dresdner Nachrichten am 18.4. berichteten:
„Zu einer Panik in der Kirche in Groß-Besten führte ein Bubenstreich,
der am Donnerstag abend während der Fastenpredigt verübt wurde. Als der
Prediger seine Rede etwa halb beendet hatte, wurde das niedrig gelegene
Kirchenfenster plötzlich mit einer Axt zertrümmert. Der Andächtigen
bemächtigte sich eine Panik, die um so größer war, als die Bewohner von
Groß-Besten schon seit einiger Zeit durch Revolverschüsse beunruhigt
worden sind, durch die Personen verschiedentlich gefährdet wurden, Der
Gottesdienst mußte sofort abgebrochen werden; nur mit Mühe gelang es
besonnenen Männern, ein schweres Unglück zu verhüten, da die
Kirchenbesucher fluchtartig nach dem Ausgange drängten. Vor der Kirche
wurden zwei Aexte, eine Forke und zwei Pantinen vorgefunden, welche
Gegenstände der Täter vermutlich bei seiner Flucht zurückgelassen
hatte.“ Ein halbes Jahr später wurde der Fall aufgeklärt und der Täter
erhielt eine 9-monatige Gefängnisstrafe.
Im Jahre 1915 erhielt die Kirche elektrisches Licht, und 1925 wurden
zwei neue Stahlglocken als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzenen
kupfernen installiert.
Unter Leitung des ehem. Pfarrers Joachim Brandt wurde in der DDR-Zeit
das Innere der Kirche restauriert. Dabei stieß man auf eine offenbar
sehr lange Zeit verborgene Nassmalerei an einer der Innenwände. Nach
sorgfältiger Rekonstruktion kamen Reste einer mittelalterlichen naiven
Bauernmalerei zum Vorschein. Sie dürfte aus der Gründungszeit der
Dorfkirche stammen und zeigt Teile des Kreuzweges Jesu.
Die letzte große Baumaßnahme erfogte 2002 mit der Dachneudeckung durch die spendenfreudigen Bestenseer.
Leider ging die Zeit an dem Gebäude nicht spurlos vorüber, und 2026 ist
eine Restaurierung innen und außen geplant. Auch hierfür bittet man um
Spenden. Näheres ist unter diesem Link zu finden:
https://www.petrus-paulus-gemeinde.de/
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