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Wo die
Pätzer Berge ansteigen, über vierzig Meter den See überragen, da ist
ein
Stückchen Heidelandschaft, wie sie schöner der Kreis nicht aufzuweisen
hat.
Heide, mit Wacholdern und Heckenrosen, mit windverwehten Eichen und
Ebereschen,
mit niedergeduckten Kiefern und Birkenbüschen. Das Heidekraut überzieht
große
Flächen und verdrängt das kniehohe Gras mehr und mehr. Wenn auch die
Heide
schon ihr Leuchten verloren, den roten Teppich in nüchternes Braun
verwandelt
hatte, so träumten wir uns doch beim Aufstieg in die Lüneburger Heide
versetzt.
Doch ein Umwenden genügte; da waren wir wieder in der Mark, im Kreise
Teltow.
Das Zusammenwirken von Heide und Wasser in diesem Maße kennt nur die
Mark.
Kilometerweit die blanke Fläche des Sees, in der große Inseln gebettet
liegen;
der Große und der Kleine Horst: Dahinter Wald; Wald und ferne Höhen. -
Es ist
eine Stelle unserer Heimat, der erlebt werden will, wo Worte
und Bilder
nicht ausreichen, die Schönheit vollkommen wiederzugeben, wo die Augen
sich
vollsaugen können, wo die Seele mitschwingt im Takt, der aus der Tiefe
im
Lichtwellenklang von Grün-Gelb-Blau aufsteigt, und dann in die Ferne
gleitet,
wo die Unrast gehemmt wird und Ruhe, Frieden einzieht in das
wildpochende Herz.
Wacholder,
in deren Bann wir uns niedergelegt hatten, drängten uns ihre Geschichte
auf.
Sie erzählten Sagen und Märchen, wussten von ihrem großen Herrn und
Meister
Merlin Wunderdinge zu berichten, freuten sich über ihre Gespielen im
Walde, die
die Menschen des Nachts so gern erschrecken und ihnen Wegelagerer
vorzaubern,
um dann plötzlich als harmlose Büsche zu erscheinen. Machandelbäume
heissen sie
in anderer Gegend; Reckholder, Quackelbusch, Kranewit. "Der Krametbaum
heisst teutsch ein Wechalter und man spricht, das der Kramet helff für
der
Glieder müden und darumb so ettlich müd werden, so schlaffen sy unter
des
Baumes Schatten," weiss Konrad von Meyenberg in seinem "Buch der
Natur" aus dem Vierzehnhundert zu berichten. Wer heut nicht schlafen
kann,
der greift vielleicht auch zum Wacholder, doch in Form eines Schnapses;
der
Genever ist ja bekannt als Sorgenbrecher.
Pätz hat
die schönste Dorfaue - das konnten wir beim Betreten des Dorfes sofort
feststellen -, und wird das ursprüngliche Bild durch kein Bauwerk in
ihrer
Mitte gestört. Rundherum reiht sich Haus an Haus, behütet von mächtigen
Linden
und Ulmen. Hier und da führt ein Weg zum Wasser hinunter und auch zur
alten
Fischerstelle, die freilich jetzt die ehemalige Bedeutung verloren hat
und in
einen Gastwirtschaftsbetrieb umgewandelt wurde. Aber das niedere
Fachwerkhaus
mit dem Rohrdach steht noch immer an der Stelle, wo vielleicht schon im
frühesten Mittelalter slawische Fischer ihre Netze zum Trocknen
aufhängten.
Älter ist das Dorf bestimmt, als die Urkunden zu melden wissen, denn in
die
Geschichte rückt es erst im Vierzehnhundert als Besitzteil der Schenken
von
Landsberg auf Teupitz. Mit den Geschicken des "Schenkenländchens" ist
es eng verbunden, doch fehlt dem Dorf die eigene Note im Laufe der
Geschehnisse, wie allen Dörfern, die keinen Rittersitz hatten und nur
verpflichtet waren, ihre Abgaben pünktlich dem Eigner zuzustellen. Den
Schenken
gehörte alles; Steuern, Hand- und Spanndienste, die Gerichtsbarkeit und
auch
der See Medewett. Diese Bezeichnung für den Pätzer Hintersee ist längst
verloren; nur ältere Karten weisen noch den Namen Miethow-See auf, der
aus
Medewett und Medewede entstand. Dorf und See kamen im Jahre 1646 durch
Kauf an
Joachim Christoph von Sutterheim, später an die Familie von Löben und
1717
unter den Soldatenkönig zur Herrschaft Wusterhausen.
Die Zahl
der Einwohner hat in den letzten hundert Jahren über das Dreifache
zugenommen,
was besonders in jüngster Zeit durch Anlage zahlreicher Sommerhäuser
und
Neuansiedlungen bedingt wurde. Denn die landwirtschaftliche Lage und
die Nähe
von Wald und Wasser locken förmlich zum Eigenbau. Das weiss auch schon
jahrelang die Jugend von Großberlin. An Frühlingsabenden, wenn kaum die
ersten
Zugvögel aus dem Süden heimgekehrt sind, dann beginnt schon am
Vordersee das Leben
und Treiben. Zelte werden aufgeschlagen, Lagerfeuer brennen am Ufer,
Lautensang
und Reigentanz kommen zu ihren Rechten, und wenn es die Witterung nur
einigermaßen erlaubt, dann geht es auch im Wasser laut und lustig zu;
denn der
Badestrand ist geradezu ideal. Sommerlang flackern und glimmen in den
Nächten
vor den Sonn- und Festtagen die Feuer am Ufer, bis dann die Zugvögel
den
wärmeren Ländern zueilen und die "Seelagerer" seltener die Stadt
verlassen, wenigstens es nicht mehr wagen, am Uferrande die Nacht im
Zelte zu
verbringen.
Die Sonne
war schon längst hinter Wald und Bergen niedergegangen, doch glühten
noch
zackige Wolkenränder in Purpurrot, spiegelten sich im Wasser, setzten
violette,
grellgelbe und smaragdgrüne Farben in Streifen und Klecksen dazwischen,
aus
denen sich die fernen Uferränder tiefdunkel abhoben. Der Wind, der uns
von der
Höhe vertrieben hatte, war erstorben; ruhig lag die Fläche im
wechselnden,
irisierenden Widerschein. Über den See klangen einige Lautenakkorde,
erst
verworren, dann zum Lied sich formend; ein Lied vom Scheiden: "Ade zur
guten Nacht! Jetzt wird der Schluss gemacht, dass ich muss scheiden."
Als
wir die munteren Sänger erreicht hatten, da setzten sie sich in
Bewegung, und
ein Wanderlied nach dem anderen stieg auf, die alten, lieben Lieder,
die immer
wieder froh machen, und auch die neuen, die da locken zum Wandern und
zum
Schauen. Rottannen und Schwarzerlen beim alten Fischerhaus am
Glunze-Bach
hatten die Melodien aufgefangen; sie rauschten leise mit.